Die I.M.K.K. zeigt sich unzufrieden mit dem Fortgang der Arbeiten
Der Fortschritt der Entfestigungsarbeiten an der Feste Kaiser Alexander im Frühsommer und Sommer 1922 scheint eher schleppend gewesen zu sein. Die Auslastung des eingesetzten Baggers blieb mit 325 cbm pro Tag deutlich hinter der im gleichen Zeitraum geleisteten Handarbeit mit 600 cbm pro Tag zurück, was Eduard Hüger einerseits auf den spürbaren Mangel an Kohlen und andererseits auf deren schlechte Qualität zurückführte. Die schwierige Ersatzteilbeschaffung für das Gerät leistete ein Übriges. Zuletzt spielte außerdem das Wetter in der Jahresmitte 1922 nicht mit: „Auch wurde der Arbeitsfortschritt durch die vielen Regentage in diesem Sommer fühlbar verzögert.“(1)
Nicht allein aus diesem Grund scheinen die Arbeiten auf der Feste Kaiser Alexander von alliierter Seite argwöhnisch beobachtet worden zu sein. In einem Schreiben vom 8. Juli 1922 mahnte der belgische Leiter der Kölner Unterkommission der I.M.K.K., Oberst Ver Eecke, an, „que les traveaux de démantèlement dans la place de Coblence ne sont pas poussés avec une activité suffisante, en particulier en ce qui concerne les maconneries du fort Constantin et les terrassements du fort Alexandre“. Er befürchtete, dass die zusätzlich für die Stadt Koblenz durchgeführten Maßnahmen den Rückstand der Arbeiten weiter vergrößern würden und forderte daher eine zeitgerechte Beendigung: „J’ai l’honneur de vous inviter à prendre toutes mesures utiles pour éviter cette conséquence et pour assurer l’achèvement en temps voulu des traveaux dans les divers ouvrages.“(2)
Hierzu bemerkt F. Wagner in seinem Artikel zur Entfestigung: „Die Ueberwachung der Schleifungsarbeiten durch die Kontrolloffiziere war außerordentlich scharf und dehnte sich sogar auf das Nivellieren der für den Bodenabtrag festgesetzten Höhen aus.“ Selbst der Leiter der I.M.K.K., General Nollet, war laut Wagner „einmal persönlich inkognito“ auf der Baustelle, um sich vor Ort ein Bild der Arbeiten zu machen.
Ansonsten war laut Wagner der Umgang mit der I.M.K.K. allerdings einwandfrei: „Ernstliche Auseinandersetzungen in sachlicher oder persönlicher Hinsicht hat es nicht gegeben.“ Besonders den für die Überwachung der Koblenzer Arbeiten zuständigen französischen Major Thèbes beschreibt Wagner in seinem Verhalten als „sehr vornehm ohne jede Härte oder Schikane“.(3)
Ob Oberst Ver Eecke mit seiner Forderung bei den Deutschen auch Gehör gefunden hat, ist nicht bekannt. Die Arbeiten auf der Feste Kaiser Alexander endeten tatsächlich erst mit einem Monat Verspätung am 1. November 1922.
Matthias Kellermann
Anmerkungen
(1) Bericht Eduard Hügers über die Entfestigung der Feste Kaiser Alexander, in: LHA Ko 578,002 Nr. Anlage zu Dokument Nr. 1663/22.
(2) Schreiben der I.M.K.K. Nr. 2026a vom 08.07.2022, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 7, Dokument Nr. 1025/22. Übersetzung aus der gleichen Quelle: „Es ist festgestellt worden, dass die Entfestigungsarbei[ten] im Standort Coblenz nicht mit genügender Rührigkeit vorwärt[s] schreiten. Dies betrifft hauptsachlich (sic!) die Mauerwerke der Feste Constantin und die Wall- und Erdarbeiten der Feste Alexander. […] Ich möchte Sie ersuchen, alle zweckdienlichen Maßnahmen zu ergreifen, um solche Folgen zu verhindern und die Vollendung der Arbeiten in den verschiedenen Werken zur gewünscht[en] Zeit sicherzustellen.„
(3) Wagner, S. 46f. Major Jean Thèbes, der vermutlich Deutsch sprechen, lesen und schreiben konnte, war französischer Verbindungsoffizier bei der Unterkommission der I.M.K.K. in Köln.