Munitionsvernichtung auf der Rübenacher Schanze, 1919
Das Fundstück der Woche 09/2018 ist ein Vertrag der amerikanischen Besatzung mit zwei deutschen Firmen über die Vernichtung von deutscher Heeresmunition. Diese sollte teilweise auf der Rübenacher Schanze in Lützel zerstört werden.
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges im Zuge des Waffenstillstands vom 11. November 1918 mussten die Rheinlande entmilitarisiert werden. Da Koblenz ein Verkehrsknotenpunkt im Westen war, zogen außerdem viele Einheiten auf ihrem Rückmarsch von der Westfront durch die Stadt. Die in Koblenz lagernde Munition aus Heeresbeständen musste beim Abzug der in Koblenz stationierten Soldaten zurückgelassen werden.
Am 12. Dezember 1918 marschierten erste amerikanische Einheiten in der Stadt und in Ehrenbreitstein ein, die die verlassenen Kasernen und die Festungswerke wie z.B. die Feste Kaiser Franz und die Rübenacher Schanze für ihre Zwecke requirierten. Möglicherweise lagerten im Patronenmagazin in der Schanze oder in der Feste Kaiser Franz u.a. noch Munition für Handfeuerwaffen sowie eine unbekannte Anzahl von Zündern, die gemäß den Bedingungen des Waffenstillstands an die amerikanische Besatzung fielen. Da „die meiste Munition unbrauchbar und zu gefährlich für eine lange Lagerung oder Verschiffung in die USA war“, sollte der Großteil zügig vernichtet oder zerlegt werden.(1)
Am 10. Juni 1919 schloss nun die amerikanische Besatzung einen Vertrag mit der Süddeutschen Diskonto Handelsgesellschaft zur Vernichtung von 7 700t und mit Dr. Heinrich Ahrens aus Wiesbaden über weitere 5 979t Munition und Munitionsteile für Handfeuerwaffen und Artillerie. Die in dieser Menge eingeschlossenen ca. 140 Millionen Schuss Munition für Handfeuerwaffen sollten zusammen mit einer ungenannten Menge an Zündern in der Rübenacher Schanze vernichtet werden. Zu diesem Zweck und für die Dauer der Unbrauchbarmachung erhielt die Süddeutsche Diskonto Handelsgesellschaft Zutritt zu dem von den Amerikanern besetzten Festungswerk, die auch die Aufsicht über das Zerstörungswerk führten. Die Munition wurde dabei in ihre Einzelteile zerlegt, das entnommene Pulver vernichtet und die Metallteile zur Wiederverwertung verkauft. Die Arbeiten sollten ursprünglich am 31. August 1919 abgeschlossen sein, tatsächlich dauerte die Vernichtung sämtlicher Munition aus den oben genannten Verträgen bis zum November 1921 bzw. Februar 1922.(2)
Ob die Arbeiten auf der Rübenacher Schanze bis zur Entfestigung des Werks im Oktober 1920 abgeschlossen waren oder darüber hinaus weitergeführt wurden, ist nicht bekannt. Denkbar wäre aber auch, dass die restlichen Arbeiten im Depot in Mülheim bzw. im Werk Hallschlag in der Eifel durchgeführt wurden.
Matthias Kellermann
Anmerkungen
(1) American representation in Occupied Germany, 1920-1921. Volume II. Compiled by the Assistant Chief of Staff, G-2, American Forces in Germany, S. 200
(2) Vgl. ebd., S. 201f. und Preuß, Johannes und Frank Eitelberg: Hallschlag. Historisch-genetische Studie zur ehemaligen Fabrik für die Herstellung von Trinotrotoluol, Dinitrobenzol und Presskörpern aus Sprengstoffen sowie zur Verfüllung und Entlaborierung von Munition der Espagit AG, Mainz 1999 (Mainzer Geographische Studien, Heft 45), S. 246 und S. 253.
Abbildungen
Abb. 1: Sammlung M. Kellermann, Fotografie, unbekannter Fotograf, Dezember 1918
Abb. 2: Sammlung M. Kellermann, Fotografie, unbekannter Fotograf, 30.01.1919