Kasernen – Teil 2, 1920er-Jahre
Die Fundstücke der Woche 37/2023 sind einige (Foto-) Ansichtskarten ehemaliger Kasernen in Koblenz, die während der Besatzungszeit in den 1920er-Jahren von amerikanischen bzw. französischen Truppen belegt waren. Der Autor dieses Beitrags versucht seit geraumer Zeit, im Rahmen einer Arbeit über die französische Besatzung in Koblenz nach dem Ersten Weltkrieg, die Belegung dieser Kasernen zu rekonstruieren.
Über die unmittelbar an der Feste Kaiser Franz errichtete Feldartillerie-Kaserne haben wir auf unserer Homepage schon diverse Male berichtet. Die hier gezeigte Ansichtskarte stammt aus dem Jahr 1925, als die Kaserne als Fort Drouot der französischen Besatzung diente. Der Schreiber berichtet, dass er seinerzeit im Krankenrevier weilte (ob als Sanitäter oder als Kranker ist unklar). Sein (Eck-) Zimmer, dass er sich mit einem Sanitäter teilte, hat er mit einem „X“ auf dem Foto markiert.
Auch das Quartier Marceau, die ehemalige Trainkaserne auf der Neuendorfer Flesche, war auf unserer Homepage bereits mehrfach Thema. Die hier wiedergegebene Ansichtskarte zeigt eines von drei bislang bekannten Motiven, die jeweils auch in einer nachkolorierten Ausführung existieren.
1923/1924 hat die Koblenzer Firma Lindstedt & Zimmermann mindestens zwei Serien von Fotografien der Kaserne angefertigt. Die zweite Serie von 1924 zeigt verschiedene Wettbewerbe auf dem Reitplatz des Standorts, die, wie im Bild zu sehen, auch zu Pferd durchgeführt wurden.
Die im nächsten Bild gezeigte ehemalige Telegraphen-Kaserne im Rauental diente nach dem Abzug der Amerikaner ebenfalls der französischen Armee als Standort. Sie erhielt den Namen Caserne Jemappes nach der Schlacht von Jemappes (bei genauerer Betrachtung der Fotografie fällt auf, dass Jemappes falsch geschrieben ist). Hier war zunächst das 50. Artillerie-Regiment stationiert, das im Mai 1923 im 312. Artillerie-Regiment aufging.(1) Die Einheit verließ Koblenz im September 1926.(2)
Außerdem lagen hier Teile des 12. Genie-Regiments (bis März 1929),(3) das 12. Maschinengewehr-Regiment (ab 1926),(4) die 30. Train-Eskadron(5) sowie die 62. Telegrafenkompanie des 23. Infanterie-Regiments (ab 1927),(6) das in der benachbarten Caserne Kléber stationiert war.
Mit Caserne Kléber wurde nach 1923 der ehemalige Kasernenkomplex an der Steinstraße benannt. Hier war nach dem Abzug der letzten amerikanischen Soldaten im Februar 1923 das 23. französische Infanterie-Regiment untergebracht. Von der Kaserne existieren bei weitem die meisten „offiziellen“ Ansichtskarten (bislang 16 Stück).
Als Caserne Argonne wurde ab 1922 die ehemalige Münzkaserne unterhalb der Feste Ehrenbreitstein bezeichnet, vermutlich benannt nach der Maas-Argonnen-Offensive im Ersten Weltkrieg. Sie war mit eine der ersten Kasernen in Koblenz, die mit französischen Soldaten belegt wurde. Seit dem 11. April 1922 lag hier ein Teil des 156. Infanterie-Regiments, inklusive der Regimentsmusik.(7) Die übrigen Soldaten der Einheit waren in der Fachwerkkaserne auf dem Asterstein untergebracht (siehe Fundstück der Woche 15/2020).
Die oberhalb gelegene Feste Ehrenbreistein, über der seit dem 23. Januar 1923 weithin sichtbar die Trikolore wehte, wurde ebenfalls als Kaserne genutzt. Leider war es bis dato nicht möglich, alle hier stationierten Einheiten zu ermitteln. Eindeutig nachgewiesen ist nur das 9. Bataillon der Maschinengewehrjäger (9° B.C.M. = Bataillon de Chasseurs Mitrailleurs),(8) das von März 1923 bis 1928 hier einquartiert war.
Die Belegung der ehemaligen Rheinanschlusskaserne in den Rheinanlagen war bislang ebenfalls nur schwer nachzuvollziehen. Nach der Freigabe durch die Amerikaner wurde sie in Quartier Carnot umbenannt (nach Lazare Carnot). Hier lag vermutlich ein Teil des 12. französischen Genie-Regiments sowie möglicherweise zeitweilig das belgische Détachement d’honneur (Ehrengarde?) der Interalliierten Rheinlandkommission (IRKO).(9) Die hier gezeigte Ansichtskarte gehört mit zu den häufigsten, die man aus der Koblenzer Besatzungszeit der 1920er-Jahre in den einschlägigen Portalen für Ansichtskarten und Fotografien finden kann.
Das 12. Genie-Regiment war nicht nur in Koblenz an verschiedenen Standorten untergebracht. Es lag außerdem in Speyer, wo die Einheit auch aufgestellt worden war, sowie in Mainz-Kastel.(10) Der in Koblenz stationierte Teil des Regiments nutzte u.a. den Pionierübungsplatz auf dem Oberwerth (heute Freibad) für Pontonierübungen (siehe Abb. 10) sowie ein Gelände auf dem Asterstein als Minenwerfer-Übungsplatz.(11) Dies und die Nutzung des Glockenbergturms als Lager sowie ein Foto des Regiments in der Caserne Jourdan legen nahe, dass Teile der Einheit möglicherweise auch auf dem Asterstein stationiert waren.(12)
Die ehemalige Erbgroßherzog-Friedrich-Kaserne im Vorfeld des Forts Großfürst Konstantin diente seit Juni 1922 als Caserne Turenne der 7. Kompanie des 151. Infanterie-Regiments als Unterkunft. Im Bild zu sehen sind die heute noch existierende Reithalle und das nicht mehr vorhandene Wohngebäude für Verheiratete.
Die letzte Fotografie in diesem Beitrag zeigt Soldaten des gleichen Regiments (Nr. 151) in der ehemaligen Spitzbergkaserne, die nun Caserne Lafayette hieß. Rechts im Hintergrund ist das heute noch vorhandene Stabshaus der Kaserne zu sehen.
Ein Bataillon des 151. Infanterie-Regiments, das 1922 von Oberschlesien an den Rhein versetzt worden war,(13) diente zuletzt als Ehrenwache der Rheinlandkommission und nahm in dieser Funktion am 30. November 1929 an der feierlichen Einholung der Trikolore auf der Feste Ehrenbreitstein teil.(14) Seine Soldaten gehörten zu den letzten, die Koblenz an diesem Tag verließen.
Die französischen Soldaten marschierten vom Ehrenbreitstein über die Pfaffendorfer Brücke auf die linke Rheinseite und hier durch die Stadt , die sie um 13.00 Uhr per Zug verließen. Die anschließenden (deutschen) Feierlichkeiten in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember 1929 verliefen ohne Zwischenfälle. Auf dem Ehrenbreitstein wurde anstelle der Trikolore eine deutlich sichtbare, 8,4 x 14 m große Reichsfahne gehisst (und zwei Tage später durch eine wesentlich kleinere ersetzt). Die Besatzungszeit war für die Koblenzer vorüber.
Matthias Kellermann
Anmerkungen
(1) Siehe Sammlung M. Kellermann, Fotografie, unbekannter Fotograf, 1926
(2) Vgl. Schreiben des Vorstandes des Reichsvermögensamts Nr. 12235/L.G. vom 29.09.1926, in: StAK 623 Nr. 5181, S. 16
(3) Vgl. Schreiben des Präsidenten der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete, Aktenzeichen PR 2. 81/850, vom 13.03.1929, in: BArch Best. R 1601 Nr. 4609, S. 201 (Digitalisat: Blatt 318)
(4) Vgl. Schreiben des Vorstandes des Reichsvermögensamts Nr. 12235/L.G. vom 29.09.1926, in: StAK 623 Nr. 5181, S. 16
(5) Siehe Fotografie von Lindstedt & Zimmermann, Koblenz, in: StAK FA 4,45 Nr. 6 Bild 042
(6) Vgl. Schreiben des Reichsvermögensamts Nr. 12 311/L.G. VI.5. vom 16.12.1927, in: StAK 623 Nr. 5181, S. 78
(7) Vgl. The Amaroc News, 21.07.1922, S. 6
(8) Siehe Sammlung M. Kellermann, Fotografie, unbekannter Fotograf, 1925
(8) Siehe Sammlung M. Kellermann, Fotografie Quartier Carnot, unbekannter Fotograf, 1923 und Rückseite der hier gezeigten Ansichtskarte
(10) Vgl. Sammlung M. Kellermann, Erinnerungsheft der Einheit von 1927
(11) Siehe Sammlung M. Kellermann, Fotografie Minenwerferschule Caserne Jourdan, unbekannter Fotograf, 1925
(12) Vgl. Sammlung M. Kellermann, Erinnerungsheft der Einheit von 1927
(13) Siehe Sammlung M. Kellermann, Fotografie „Les survivants de la Haute Silésie a la soupe. Coblentz 1922 (Die Überlebenden von Oberschlesien beim Suppe-Fassen. Koblenz 1922)“, vermutlich im Kernwerk der Feste Kaiser Alexander, unbekannter Fotograf, 1922
(14) Vgl. Aufstellung „Die Räumung des Stadtkreises Koblenz“, in: StAK Best. 623 Nr. 5182, S. 103
Abbildungen
Abb. 1: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, 1925
Abb. 2: Sammlung M. Kellermann, Seramy Cantinier, Koblenz, undatiert
Abb. 3: Sammlung M. Kellermann, Lindstedt & Zimmermann, Koblenz, 1924
Abb. 4: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, undatiert
Abb. 5: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, 1924
Abb. 6: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Verlag/Fotograf, undatiert
Abb. 7: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, undatiert
Abb. 8: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, 1925
Abb. 9: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Verlag/Fotograf, handschriftlich datiert 1924
Abb. 10: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, 1924
Abb. 11: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, undatiert (Anm.: Rahmen um das ovale Bild nachträglich durch gleichmäßige Farbgebung ersetzt)
Abb. 12, 13: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, 1929