Artillery Barracks und Quartier Marceau, 1919-1924
Die Fundstücke der Woche 09/2025 sind einige Fotografien der ehemaligen Train-Kaserne auf der Neuendorfer Flesche und des Train-Depots in Neuendorf zur Zeit der amerikanischen und französischen Besatzung (1919-1929). Sowohl das amerikanische als auch das französische Militär hatte die Kaserne hauptsächlich mit Artillerieeinheiten belegt.

In der Trainkaserne an der Andernacher Straße war im Februar 1919 zunächst das 1. Bataillon des 10. Feldartillerie-Regiments stationiert,(1) das nach Juli 1919 durch das 2. Bataillon des 6. Feldartillerie-Regiments ersetzt wurde.(2) Ab dem 1. Januar 1922 waren hier das Hauptquartier der Abteilung und der Combat Train (Gefechtszug) mit den Batterien D, E und F untergebracht.(3) Aufgrund der Belegung mit Artillerie erhielt die Trainkaserne in der Folgezeit auch die Bezeichnung Artillery barracks.(4) In dem der Kaserne angeschlossenen ehemaligen Train-Depot in Neuendorf(5) kam außerdem im April 1919(6) der „Motor Reception Parc No. 3“(7) unter.

Das an die Trainkaserne angeschlossene Train-Depot in Neuendorf am Wallersheimer Weg wurde von 1911 bis 1916 als Ersatz für das Train-Depot in Ehrenbreitstein erbaut. Es bestand im wesentlichen aus vier Wagenhäusern (I-IV), zwei Familienhäusern (I+II) und einem Kammergebäude.(8)

Im Zuge des Truppenabbaus der Amerikaner wurde das Kontingent der französischen Armee nach und nach aufgestockt. Am 5. Mai 1922 kam eine erste französische „Kavalleriebrigade“ mit dem Bestimmungsort Trainkaserne in Koblenz an. Es handelte sich dabei um zwei Schwadronen des 30. und eine Schwadron des 28. Dragoner-Regiments(9) der 4. Dragoner-Brigade, die von Metz nach Lützel verlegt wurden, zusammen ca. 400 Mann. Die Franzosen lösten an diesem Standort das abgerückte 2. Bataillon des 6. amerikanischen Feldartillerie-Regiments ab.(10) Wie zu dieser Zeit üblich, wurden die von den Franzosen belegten Standorte mit neuen Namen versehen. So erhielt die Trainkaserne in Lützel unmittelbar nach der französischen Übernahme den Namen „Quartier Marceau“, was bei General Allen auf Ablehnung stieß: „Als ich an der Kaserne von Lützel vorbeiging, bemerkte ich, daß die Franzosen, wie es ihre, aber nicht unsere Gewohnheit ist, ein Schild mit der Bezeichnung „Caserne Marceau“ aufgehängt haben; es liegt auch nicht im Interesse guter Beziehungen, so die Namen der Kasernen umzutaufen.“(11)

Nachdem die Dragoner Anfang Juli 1922 aus Koblenz abgezogen waren, wurde die Train-Kaserne am 6. bzw. 13. Juli mit zwei Abteilungen des 230. Feldartillerie-Regiments belegt.(12)

Diese Einheit wurde möglicherweise bereits im Zuge der im April 1923 erfolgten Reorganisation der französischen Rheinarmee durch das umformierte 39. Artillerie-Regiment (39e R.A.D. = 39e régiment d’artillerie divisionnaire) ersetzt.(13) Dieses Regiment war auf die beiden Lützeler Standorte Feldartillerie-Kaserne und Train-Kaserne aufgeteilt worden, wovon im Quartier Marceau sechs Batterien (1, 2, 4, 5, 7, 8) untergebrach waren.




Das Train-Depot im hinteren Bereich der Kaserne wurde, wie schon zur Zeit der amerikanischen Besatzung, zur Unterbringung des jetzt französischen Fuhrparks genutzt und in „Parc Automobile Coblence-Lutzel“ umbenannt (A.F.R. = Armee Francaise du Rhin).

Im Zuge der Räumung der zweiten Besatzungszone war das 39e R.A.D. schließlich am 20. September 1929 aufgelöst worden.(14) Nach dem Abtransport der Geschütze, der Munition und der Fahrzeuge bis Mitte Oktober zog bis Ende des Monats der Großteil der Soldaten ab,(15) worauf die französische Armee die Feldartillerie-Kaserne freigab.(16) Die letzten 350 Mann der Einheit, die noch in der Train-Kaserne untergebracht waren, verließen Koblenz am 7. November 1929.(17)
Matthias Kellermann
Anmerkungen
(1) Vgl. Order of battle American Expeditionary Forces, General Headquarters, Armies, Army Corps, prepared in the Historical Section Army war College, Washington D.C. 1937, S. 171 (künftig: Order of battle), sowie die Inhaltsangabe zum Film The Army of Occupation, December 1, 1918 to September 1, 1919, 3rd Army Headquarters, in: National Archives, Record Group 111: Records of the Office of the Chief Signal Officer, 1860 – 1985, Series: Historical Films, ca. 1914 – ca. 1936, Nr. H1398, S. 2, abgerufen am 02.04.2021 unter https://catalog.archives. gov/id/24900 (künftig: Filmaufnahmen, National Archive, Nr. H1398). Gezeigt wird hier die ehemalige Trainkaserne in Lützel.
(2) Vgl. American representation in Occupied Germany, 1920-1921. Volume II. Compiled by the Assistant Chief of Staff, G-2, American Forces in Germany, S.247 (künftig: American representation 1920-1921, Vol. II) und Order of battle, S. 398; hier ist die Einheit Stand 31. Oktober 1919 aufgeführt.
(3) Vgl. American representation 1920-1921, Vol. II, S. 249.
(4) Vgl. The Amaroc News (AN) Vol. 4 Nr. 65, 24.06.1922, S. 4: Q.M.C. to abandon depot at Coblent Lutzel July first. Dies erschwert die Zuordnung der Einheiten zu den jeweiligen Kasernen, da auch die Feldartillerie-Kaserne in einigen Ausgaben der Amaroc News als Artillery barracks bezeichnet wird.
(5) Die Einfahrt in den Bereich befand sich auf dem heutigen Parkplatz der Fa. Stabilus, ganz in der Nähe des Kreisels Wallersheimer Weg/Herberichstraße.
(6) Vgl. United States Army in the World War, 1917-1919. American Occupation of Germany, Volume 11, Center of Military History United States Army, Washington D.C. 1991 [Erstausgabe 1948], S. 144 (künftig: United States Army in the World War, 1917-1919).
(7) Parker, Edwin Brewington: Final Report of United States Liquidation Commission, War Department, Washington 1920, S. 123.
(8) Vgl. StAK DB08 Militär, 06-15 Militärische Liegenschaften, 07 Kasernen, 3.4. Train-Kaserne, seit 1957 Rhein-Kaserne, Train-Depot Rhein-Kaserne.
(9) Vgl. Cornebise, Alfred E.: The Amaroc News. The Daily Newspaper of the American Forces in Germany, 1919-1923, Carbondale und Edwardsville 1981, S. 241, Fußnote 14.
(10) Vgl. AN Vol. 4 Nr. 16, 06.05.1922, S. 4: 4th Dragon Brig. arrives to take up station here. Möglicherweise zog Mitte des Monats zunächst das französische Kavallerie-Regiment Nr. 28 bzw. Nr. 30 samt dazugehörigem Stab in die Kaserne ein (vgl. Koblenzer Volks-Zeitung (KVZ) Nr. 191, 08.05.1922, 2. Seite: Lokales. Französische Kavallerie in Koblenz).
(11) Allen, Rheinlandtagebuch, S. 242.
(12) Vgl. Schreiben der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete Nr. A.Z. I 3 a 100 Nr. 434.22 vom 18.07.1922, in: BArch Best. 1601 Nr. 810, S. 68.
(13) Vgl. Historique des 39e et 239e régiments d‘artillerie de campagne. 2e édition, Nancy 1934, S. 64. Die Einheit ging aus der dritten Gruppe des 39e R.A.C. hervor, die zuvor in Toul stationiert war.
(14) Vgl. Historique des 39e et 239e régiments d‘artillerie de campagne. 2e édition, Nancy 1934, S. 65.
(15) Vgl. Schreiben des Präsidenten der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete Nr. Pr. 2.162/3089 vom 16.10.1929 und Nr. Pr. 2.162/3208 vom 27.10.1929, in: StAK Best. 623 Nr. 5182, S. 115f., hier S. 116 und S. 97f., hier S. 97.
(16) Vgl. Schreiben des Präsidenten der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete Nr. Pr. 2.162/3283 vom 05.11.1929, in: StAK Best. 623 Nr. 5182, S. 120f., hier S. 121.
(17) Vgl. Schreiben des Präsidenten der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete Nr. Pr. 2.162/3317 vom 07.11.1929, in: StAK Best. 623 Nr. 5182, S. 206f., hier S. 206.
Abbildungen
Abb. 1-8, 10: Sammlung M. Kellermann, unbekannte Fotografen, um 1919, 1922 bis ca. 1924
Abb. 9: Sammlung M. Kellermann , Foto Lindstedt & Zimmermann, Koblenz, 1924