Das Ladesystem 2 unter dem rechten Wall

Auf der rechten Face der Feste Kaiser Franz haben sich, neben einem Abschnitt der äußeren Grabenwand im Untergrund, noch weitere rudimentäre Festungsbauwerke erhalten. So zeigt sich beispielsweise im Bereich der ehemaligen rechten Grabenwehr noch ein kurzer Abschnitt der ansonsten 1920/1921 niedergelegten inneren Grabenwand (Eskarpe) des rechten Grabens.

Abb. 1: Reste der inneren Grabenwand (Eskarpe) auf der rechten Seite, 2012

Gegenüber dieses Mauerrests befindet sich in Richtung des Reduits der Feste Kaiser Franz außerdem noch ein Abschnitt des Walls. An dieser Stelle, in unmittelbarer Nähe zur Kommunikation, befand sich unter dem Wall ursprünglich ein Kriegspulvermagazin. Nach dem 1865 abgeschlossenen Bau der zwei Pulvermagazine im linken Kehlpunkt und einem weiteren an der linken Flanke des Festungswerks wurde dieses Magazin nicht mehr benötigt und daher 1866 zu einem Ladesystem umgebaut. Im folgenden Originalplan aus den 1820er-Jahren erkennt man noch die nachträgliche Einzeichnung eines an das Pulvermagazin angebauten Vorraums.

Abb. 2: Endpunkt der rechten Flanke mit Eskarpe (grün), Wall (rot) und Ladesystem (blau) mit nachträglicher Einzeichnung, 1820er-Jahre

Ein Ladesystem ist der Definiton nach ein im Festungswall integrierter Hohlraum zur Munitionsvorbereitung. Es besteht aus einer Geschossladestelle, einem Verbrauchs-Pulvermagazin und einem Verbrauchs-Geschoss-Magazin. Ladestelle und Magazin (= Geschossraum) finden sich im nachfolgenden Plan wieder. Das Verbrauchs-Pulvermagazin befand sich ca. 70 Meter nach Westen in Richtung auf den Frontgraben des Werks und war ebenfalls in den Wall hineingebaut. Der Umbau wurde 1867 im Zuge der Traversierung der Festungswälle ausgeführt, zugleich wurde auch „die alte Casematte unter der linken Flanke„(1) zu einem weiteren Ladesystem umgebaut.

Abb. 3: Umbau des Kriegspulvermagazins an der rechten Flanke zur Geschossladestelle, 1866

Im Zuge der Entfestigung nach dem Ersten Weltkrieg musste 1921 auch das Ladesystem 2 zerstört werden, das bis dahin dem YMCA als Lagerraum für seine Kantine in der Feste Kaiser Franz gedient hatte. Da der französische Kontroll-Offizier Major Thebes im März 1921 “auf die sofortige Zerstörung dieser Kasematte” drängte und der für die Feste zuständige amerikanische Chefingenieur Miller auch keinen Wert auf ihren Erhalt legte, musste der YMCA die Kasematte kurzfristig räumen.(2) Die Arbeiten am Ladesystem waren allerdings erst in der Woche vom 12. bis zum 18. Mai 1921 abgeschlossen.(3)

Abb. 6-12: Das Ladesystem 2 (Slideshow)

Welche Maßnahmen auf die Entfestigung zurückzuführen sind ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Vermutlich wurde die Gewölbedecke gesprengt und die zum Reduit liegende Außenmauer aufgebrochen.

Abb. 13: Freigeräumtes Ladesystem 2, 2022

Bis 2012 wurde das Bauwerk, versehen mit einem Dach über dem geöffneten Gewölbe, als Werkstatt bzw. zuletzt als Lager genutzt. Bei der 2021 durchgeführten Räumung des Geländes nördlich des Reduits wurde auch das Ladesystem 2 freigeräumt. Über eine Sicherung oder langfristige Nutzung ist Stand 2022 noch nicht entschieden.

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Vgl. Festungs-Geschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein 1834 bis 1905, Bl. 77, in: Stadtarchiv Koblenz (StAK) HK 11 Dzi: Dziobek, Ernst: Kriegs- und Befestigungsgeschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein, Koblenz 1834.
(2) Schreiben des Entfestigungsamts Koblenz Nr. 415/21 vom 16.03.1921, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 6, Dokument Nr. 415/21.
(3) Vgl. Schreiben der deutschen Verbindungsstelle Köln der Heeresfriedenskommission Nr. Br. Nr. „F“ 700 vom 21.05.1921, Stand der Schleifungsarbeiten in der Zeit vom 12. bis 18.05.1921, in: PA AA Best. 33940.

Abbildungen

Anmerkung: Wegen der fixen Zählweise der Slideshow konnten die Abbildungen nicht neu nummeriert werden, sodass die Abb. 4-5 fehlen.

Abb. 1: Fotografie R. Arenz
Abb. 2: GStA PK, XI. HA, FPK, A Nr. 70310 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 3: GStA PK, XI. HA, FPK, F Nr. 70506 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 6-12: Fotografien R. Arenz
Abb. 13: Fotografie M. Kellermann