Fußballspielende Luftschiffer, 1924
Das Fundstück der Woche 19/2020 ist eine Fotografie aus dem Jahr 1924. Sie zeigt die Fußballmannschaft einer französischen Ballonfahrer- oder Luftschiffereinheit, die 1924 im ehemaligen Bekleidungsamt auf der Moselflesche stationiert war.
Dass Sport neben Drill und Manövern dazu geeignet war, die eigenen Soldaten beschäftigt und bei Laune zu halten, hatten bereits die Amerikaner während ihrer etwa vier Jahre währenden Besatzungszeit gezeigt. Beliebt waren Boxen und Baseball, aber auch Tennis, Leichtathletik und Pferdesport standen auf dem Programm.
Nachdem im Februar 1923 die französische Armee endgültig die 2. (Koblenzer) Besatzungszone von den Amerikanern übernommen hatte, bevölkerten tausende Soldaten der französischen Rheinarmee (L’Armée Française du Rhin, kurz A.F.R.) die Stadt und die Kasernen in Koblenz. In Lützel wurden die Trainkaserne (Quartier Marceau, heute Rheinkaserne), die Feldartillerie-Kaserne (Fort Drouot, heute Bodelschwinghstraße, siehe hier) und auch das Bekleidungsamt auf der ehemaligen Moselflesche mit französischen Truppen belegt. Neben einer französischen Militärbäckerei kam in letzterem eine „Fliegerkompanie“ unter,(1) die an anderer Stelle allgemeiner auch als „Aerostiers“ (französisch für Luftschiffer oder Ballonfahrer) bezeichnet wird.(2) Diese Einheit unterhielt 1924 eine eigene Fußballmannschaft, mit der sie vermutlich bei Wettkämpfen in Koblenz antrat.
Über diese Einheit ist leider nur sehr wenig bekannt; wir wissen weder die Nummer des Verbands, noch die Truppenstärke, noch welche Aufgabe sie in Koblenz innerhalb der A.F.R. wahrnahm. Zur „Unterbringung von Uebungsgeräten“ diente den Luftschiffern eine 5 x 15 Meter große Baracke aus deutschem Bestand, die eigens auf der bereits 1920 entfestigten Bubenheimer Flesche des Systems Feste Franz, die zum Fort Drouot gehörte, aufgestellt worden war.(3) Damit ist unser Wissen um die Aerostiers aber auch schon erschöpft.
Wie lange die Luftschiffer in der zweiten Zone blieben und ob ihre Fußballmannschaft in dieser Zeit Erfolge feiern konnte, ist uns leider ebenfalls nicht bekannt. Einen Champion der Koblenzer Zone kennen wir allerdings: im Februar 1927 war dies die Mannschaft des 151. Infanterie-Regiments, das auf der Karthause unter anderem im Kernwerk der Feste Kaiser Alexander untergebracht war.
Matthias Kellermann
Anmerkungen
(1) Schreiben des Reichsvermögensamts Koblenz Nr. 854/B vom 16.02.1924, in: Bundesarchiv Berlin (BArch) Best. R 133 Nr. 119, S. 94.
(2) Vgl. Schreiben der Armée Française du Rhin vom 14.08.1924, in: BArch Best. R 133 Nr. 119, S. 145 sowie die Rückseite von Abb. 2.
(3) Schreiben des Reichsvermögensamts Koblenz Nr. 854/B vom 16.02.1924, in: BArch Best. R 133 Nr. 119, S. 94.
Abbildungen
Abb. 1: Sammlung M. Kellermann, Lindstedt & Zimmermann, Koblenz, 1921
Abb. 2: Sammlung M. Kellermann, Quelle unbekannt, 1924